Eight minutes. That’s how long it takes to smoke a cigarette. And to get a prescription for antidepressants.
In Tea Tulićs Roman Hair Everywhere (Kroatischer Originaltitel: Kosa posvuda) ist kein Wort zu viel. Und nur zwei Kapitel sind länger als eine Seite.
In knapp 130 kurzen Szenen umkreist der Text die nicht heilbare Krebserkrankung der Mutter der Erzählerin. Tulić, die aus Rijeka stammt, hat mit dem Buch den Tod ihrer eigenen Mutter verarbeitet.
My brother is angry because the doctors say they cannot help Mum. I tell him Patrick Swayze had lots of money but he still died of cancer.
Der fragmentierte Roman, der in Kroatien 2011 veröffentlicht wurde, entfaltet seine Wirkung nicht nur über den lakonischen Ton, sondern auch über alles, was nicht erzählt wird.
Tulić wirft nur Schlaglichter. Sie reduziert Begegnungen auf absurde Dialoge oder die Beobachtungen der traumatisierten Erzählerin. Auch deren Kindheitserinnerungen spielen eine große Rolle.
Die Szenen reichen von früheren Haustieren wie Papageien und Wasserschildkröten über die Angst der Großmutter vor bösen Geistern bis zu Telefonaten mit dubiosen Ärzten, die alternative Heilmethoden anbieten.
Die Familienangehörigen – die Oma, der Opa, der Vater, die Geschwister – werden in nur wenigen Federstrichen skizziert, ein Nebensatz reicht, um ein Gefühl für die Figur zu bekommen.
When I was born, Dad broke the chandelier. By hanging from it by his hands. Afterwards Grandma often said that men, when they are in high spirits, act strangely. She would say: „That’s what men are like!“
Neben dem Schicksal der Familie geht es um ein überfordertes Gesundheitssystem in einem Land mit schlecht bezahlten Jobs und noch schlechteren Zukunftsaussichten, um die Kluft zwischen den Generationen, in denen die Alten ihren Aberglauben pflegen und die Jungen mit keiner Religion mehr etwas anfangen können.
Tulićs Kunst liegt darin, den Leser trotz aller Schwere des Themas zu amüsieren, so dass man dieses Buch mal eben so wegliest – und danach gleich nochmal anfängt.