Jugoslawien war damals, Yoga ist heute – und was passiert, wenn man beides verbindet?
Zu einer schweißtreibenden und nicht unumstrittenen Performance am Strand von Rijeka hat vergangenes Wochenende die kroatisch-britische Künstlerin Lara Ritoša Roberts aufgerufen: Dem Yugo Yoga. Mitmachen durfte jeder, der wollte.
Zu Revoluzzer-Schlagern wie Bella Ciao und politischen Slogans sagte Ritoša Roberts – im Blaumann und mit rotem Kopftuch wie ihre beiden Helferinnen – Yoga-Posen mit dem Megafon durch. Die wiederum waren an die Posen kommunistischer Statuen angelehnt. Zwischendurch bekamen die Teilnehmer auch einen Hammer und sollten auf den Boden klopfen … Am Ende durften schließlich alle ein Rijeka2020-Fähnchen schwingen – passenderweise in rot.
Die Performancekünstlerin, die aus dem istrischen Pula stammt und seit 25 Jahren in London lebt, hat sich viel mit dem kulturellen Erbe der ehemaligen kommunistischen Länder Europas beschäftigt. Es geht ihr dabei unter anderem um die Rolle des Individuums im Kollektiv und die Verschränkung öffentlicher und privater Symbolik. Oder wie es auf der Rijeka2020-Homepage heißt:
The audience and the performers gradually merge into a collective body in a physical confrontation with the past and the present.
Ritoša Roberts macht selbst viel Yoga, wie sie mir verraten hat, und hat das Yugo Yoga Konzept schon 2008 konzipiert – sie ist damit unter anderem in der Tate Modern in London aufgetreten.
Was ihr aufgefallen ist in all den Jahren: die Menschen machen heute schneller mit als früher. Performance-Kunst scheint niemanden mehr abzuschrecken. Und: In Ländern ohne kommunistische Vergangenheit werde ihr Programm mit mehr Leichtigkeit betrachtet, so die 48-Jährige.
Vor ihrem Auftritt in Rijeka, der eigentlich für April geplant war, habe sie Drohungen von Rechts erhalten. Nun blieb alles friedlich, doch die Kommentare auf Facebook, wo es einen Livestream gab, waren laut meinen kroatischen Bekannten alles andere als freundlich.
Yugo Yoga polarisiert.
Ritoša Roberts sagt dazu, sie könne nichts mit dem Schwarz-Weiß-Denken anfangen, das nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens bei manchen Leuten entstanden sei. Die Geschichte nicht nur vergessen, sondern regelrecht auslöschen zu wollen, funktioniere nicht.
Gerade in nationalistischen Kreisen Kroatiens geriet die sozialistische Vergangenheit und alles, was mit Ex-Staatschef Tito zu tun hatte, nach 1990 in Verruf. Im linken Rijeka dagegen gibt es bis heute einen Tito-Platz. Und Rijekas Bürgermeister Vojko Obersnel ging zum diesjährigen Karneval sogar als Jovanka Broz – der Ehefrau Titos. Kein Witz!
Jugoslawien gehöre nun mal zur Geschichte des Landes und zum Leben vieler Menschen, sagt Ritoša Roberts. Sie erinnere sich gerne an ihre Jugend, deswegen sei sie noch lange keine Sozialistin. Im Gegenteil, sie will die Menschen für Geschichte sensibilisieren – und setzt dabei auf Humor. Yugo Yoga, erklärt die Künstlerin, sei natürlich ironisch gemeint.
Ich finde ja, so eine Ost-West-Performance würde auch nach Berlin passen – und für Gesprächsstoff sorgen. Ob man es nun gut findet oder nicht.
Falls das also jemand liest, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der … Lara Ritoša Roberts freut sich bestimmt über Einladungen! Nach Corona.