Ich stelle mir lieber vor …

Wie schreibt man über eine Stadt, in der man noch nie war und in die man (erstmal) nicht fahren kann? Bilder googeln? Wikipedia durchsuchen? Bücher lesen? Habe ich natürlich längst gemacht. Aber das ist so leblos! Ich stelle mir lieber vor: Rijeka ist ein Mann, den ich im Internet kennenlerne.

R. und ich – Teil 3

Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2

R., magst du eigentlich lieber Katzen oder Hunde?

Möwen.

Was hat der denn immer mit seinen Vögeln?

Bist du Ornithologe?

Nein, wieso?

Weil du immer mit den Möwen anfängst.

Ich mag die halt.

Keine Katzen, keine Hunde?

Ist das ein Fragebogen?

Wir sind doch beim Online-Chat.

Na gut. 

Also Katzen oder Hunde?

Möwen.

Ich geb’s auf mit den Tieren. Dann Politik. Links oder rechts?

Links!

Zug oder Auto?

Auto, aber nur weil die Bahnstrecken hier fast so alt sind wie ich. 

Wein oder Bier? 

Fiumanka.

Was?

Schnaps aus meiner Stadt. Aus Kräutern, Honig, Karamell. Aber bitter!

Lieber bitterer Schnaps oder bitterer Kaffee?

Beides. Zusammen.

Ost oder West?

Ost.

Norden oder Süden?

Süden.

Sommer oder Winter?

Beides.

Berge oder Meer?

Beides.

Sag nicht immer beides. So geht das nicht.

Geht sehr wohl.

Aber was magst du lieber?

Heute das, morgen das.

Wahrscheinlich führt er nur offene Beziehungen.

Ehe oder Harem?

Wir können doch erstmal ins Kino gehen.

Disney oder Netflix?

Netflix.

Serien oder Filme?

Serien.

Jeden Tag eine Folge oder alle auf einmal?

Kommt auf die Internetverbindung an.

Fußball oder Theater?

Kommt auf die Internetverbindung an.

Fußball oder Theater!

Theater.

Beatles oder Stones?

Punkrock.

Harry Potter oder Star Wars?

Zurück in die Zukunft.

Romane oder Sachbücher?

Comics.

Lady Diana oder Prince Charles?

Kermit, der Frosch!

Ich fange an ihn zu mögen. Jetzt bloß nicht weich werden.

Vergangenheit oder Zukunft?

Wird’s jetzt philosophisch?

Vergangenheit oder Zukunft!

Gegenwart!

Eindeutig einer, der eine offene Beziehung will.

Die, die Vergangenheit antworten, heulen ihren Ex-Freundinnen nach.

Die, die Zukunft sagen, wollen heiraten.

Gut, das reicht für heute. 

Immer wenn’s am schönsten ist!

Du musst doch bestimmt sowieso gleich zu den Möwen.

Nein, heute treffe ich einen Freund in seinem Museum.

Ein Freund von dir hat ein Museum?

Ja, deine Freunde haben wahrscheinlich Hunde oder Katzen oder Berge oder Meere, meine haben Museen.

Und was steht da drin, in dem Museum von deinem Freund?

Alte Computer. Einer ist von den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo!

Wer schaut sich denn sowas an?

Alte Taschenrechner gibt’s dort auch. Schauen sich genug Leute an.

Aber warum?

Nostalgie? Früher war alles langsamer, auch die Computer.

Früher hätten wir aber nicht chatten können. Schick mal einen Link zum Museum.

Was soll denn diese kitschige Musik?

Wir können ja nicht zu allem Punkrock laufen lassen.

Verstehe.

Und, gefallen dir die Computer?

Also, wenn ich dich jemals besuchen sollte, würde ich lieber ein Eis essen gehen.

Wenn wir danach einen Fiumanka trinken?

Na gut.

Fortsetzung folgt –

3 Gedanken zu „Ich stelle mir lieber vor …“

  1. Sg. Frau Stahl,
    Die Stadt Rijeka geht auf drei zentrale Faktoren zurück. Der eine ist der Fluss (Rijeka bedeutet Fluss). Wie bei vielen Karstflüssen in der Region sammelt sich Wasser in den Bergen und kommt dann „irgendwo“ wieder zutage, u.a. auch bei Rijeka. Daher bildet das Vorhandensein von für das Leben unverzichtbarem Wasser eine „Konstituante“ für die Stadt.
    Der zweite Faktor ist der Wille von Menschen, dort, wo eigentlich nicht genug Platz für eine Siedlung vorhanden war, dennoch eine solche zu errichten und nach und nach „Platz zu schaffen“ (Aufschüttungen, Landschaftsgestaltung).
    Der dritte Faktor ist das Bedürfnis, Küste und Hinterland in Verbindung zu bringen, weniger zum Baden als zum Handeln. Der Horizont des Einzugsgebietes für dieses Verbinden weitere sich nach und nach und reichte (in der Antike) etwa bis Rom und Konstantinopel, im 18. und 19. Jh. z. B. hingegen bis Budapest und Wien, aber St. Petersburg.
    Daher würde ich – poetisch- nach anderen Auswegen suchen als Rijeka „bloß“ als Mann zu deuten.
    Mit freundlichen Grüßen Harald Heppner

    1. Sehr geehrter Herr Heppner,
      aber natürlich ist Rijeka viel mehr als „nur ein Mann“ – dies hier ist nur einer von vielen Wegen mich der Stadt von der Ferne aus zu nähern (ich bin ja gerade noch in Berlin). Und er ist eben ein bisschen spielerischer, vielleicht auch flapsiger. Die reiche Geschichte (und Geographie) rund um die Stadt ist mir natürlich bewusst und ich werde sie noch beleuchten – die eigentliche Stadtschreiberei beginnt ja tatsächlich erst vor Ort. Herzlichen Dank dennoch für Ihren Hinweis.

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